Warum es eigentlich gar nicht so viel zu einem Plakat braucht und es dennoch einigermaßen schwierig ist, dieses Wenige zu finden: Der Schweizer Fotograf und Gestalter Melchior Imboden, einer der bekanntesten Plakatgestalter unserer Zeit, gibt Einblicke in seine international vielbeachteten Plakatarbeiten.
Es gibt nicht mehr allzu viele GestalterInnen, die sich explizit und hauptsächlich der Plakatkunst widmen. Auf den ersten Blick mag es scheinen, als habe das immer an öffentliche Raumsituationen gebundene Plakat in Zeiten virtueller Kommunikationssphären manches (vieles?) von seiner Wirkungskraft eingebüßt. Zumindest in Innsbruck — und diese Stadt unterscheidet sich hier nicht sehr von anderen — wird dem Medium Plakat abseits werblicher Zwecke kaum Beachtung geschenkt. — Höchste Zeit also, den (losen) Themenschwerpunkt »Plakatgestaltung« mit einem Gestalter fortzusetzen, der wie kaum ein anderer beharrlich den einzigartigen kommunikativen Wirkungen vertraut, die das Plakat durch seine Präsenz im öffentlichen Raum ermöglicht: dem Schweizer Fotografen und Grafiker Melchior Imboden. ¶ »Die starke Farb- und Formbewegung in seinen Plakaten gaben immer wieder neue Aspekte frei, sie waren in ihren Mitteilungen offen, das ist etwas, was seine Arbeiten über die Zeit ihrer Entstehung hinaus wirksam bleiben lassen.« — Diese Charakterisierung seiner Plakate durch den Kollegen Gunter Rambow bringt auf den Punkt, was Imbodens Arbeiten — und hervorragende Plakatkunst ganz allgemein — auszeichnet. Es ist erstaunlich, welche Prägnanz und Ausstrahlung er auf der deutlich eingegrenzten Fläche eines Plakats entfaltet: Mit feinem Gespür konzentriert Imboden Typografie, Bild, Farbe und Sprache zu Botschaften, die den Betrachter zum Weiterschauen und Weiterdenken anregen. Bekannte visuelle Attribute erhalten durch ungewöhnliche Kompositionen neue Bedeutungen, und genau in dieser stimulierenden Offenheit liegt eines der Geheimnisse für die immer noch lebendige (und heute eben leider zu wenig genutzte) Faszination, die Plakatkunst im Auge der Betrachter hervorrufen kann. ¶ Als Plakatgestalter und Grafiker folgt Melchior Imboden, international bekannt durch Symposien, Ausstellungen und Vorträge, einem Teil seiner sprichwörtlichen Berufung, als Fotograf mit einem Konvolut an Portraitreihen, Menschen- und Stadtlandschaftsstudien dem anderen. Viele seiner fotografischen Arbeiten sind in Fotobüchern publiziert, und natürlich findet sich diese intensive Beschäftigung mit dem Medium Bild auch als wichtige Komponente in seinen Plakatarbeiten wider: Typografie und Bild verbinden sich zu einem Ganzen (am Bauhaus prägte László Moholy-Nagy 1925 dafür den Begriff »Typo-Foto«) — ein weiterer Hinweis darauf, welche Zutaten es für herausragende Plakatkunst braucht.
Melchior Imboden, geboren 1956 in Stans in der Innerschweiz, lebt und arbeitet als freischaffender Fotograf und Grafiker in Buochs. Nach Ausbildung und beruflicher Tätigkeit als Dekorateur ab 1984 Studium in der Grafik-Fachklasse der Hochschule Luzern. Seit 1992 arbeitet er als freischaffender Grafiker und Fotograf im In- und Ausland. Neben seinen Plakaten, die vor allem im Kulturbereich positioniert sind, entstanden Fotoprojekte wie Nidwaldner Gesichter, Designerportraits und Zeitbilder, die mehrfach international ausgestellt und ausgezeichnet wurden. 1998 wurde er Mitglied des Alliance Graphique Internationale (AGI), von 2006 bis 2010 Präsident des AGI Schweiz. Unterrichtstätigkeit an verschiedenen Hochschulen, darunter Vertretungs- und Gastprofessor für Grafikdesign und Fotografie an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und Gastprofessor an der UdK Berlin in den Bereichen Grafikdesign und Fotografie.
Publikationen
Melchior Imboden ist Herausgeber und Gestalter mehrerer Fotobücher, u.a.: Nidwaldner Gesichter (1992), Leonard von Matt (1994), Martin Imboden — Ein vergessener Fotograf (1996), Franz Troxler (1997), Melchior Imboden — Jazzgesichter (1999), Horw 2000 (2000), Kunstraum Obwalden (2000), Michael Aschwanden — Unterwegs an der Achsenstrasse (2003), Arnold Zwahlen — Der Dorffotograf (2006), Willi P. Burkhardt — Panorama (2007), Melchior Imboden — Designerportraits (2007).