Zur Diskussion um das neue Fahrzeugdesign des VVT
Aus aktuellem Anlass möchten wir zum neuen Fahrzeugdesign des Verkehrsverbund Tirol (VVT) Stellung beziehen, um anhand dieses Beispiels den fragwürdigen Umgang mit gestalterischer Arbeit sowie den Stellenwert kreativer Leistungen in Tirol insgesamt aufzuzeigen.
Kurier, 22.2.
Tiroler Tageszeitung 22.2.
Tiroler Tageszeitung 21.2.
Das neue Fahrzeugdesign wurde in einem umfangreichen, professionellen Gestaltungswettbewerb durch eine Fachjury ermittelt. Sieben renommierte Designbüros aus Österreich, Deutschland und der Schweiz wurden eingeladen, Entwürfe für ein neues Fahrzeugdesign für den VVT – einer für Tirols Mobilitätszukunft überaus wichtigen Einrichtung, die den Öffentlichen Personennahverkehr des Landes organisiert – als Teil des laufenden Markenentwicklungsprozesses zu erstellen. Mit der Erneuerung des Außenauftritts soll die öffentliche Mobilität in Tirol als „weltoffen, menschenfreundlich und zukunftsgewandt“ kommuniziert werden, wie es im Briefing für die Agenturen hieß. Die international besetzte Wettbewerbsjury kürte einstimmig das Konzept des Innsbrucker Gestaltungsbüros »Circus« zum Sieger: „Es vermittelt aufgrund seiner sympathischen Farbkombinationen und der Wortspiele eine gleichermaßen zeitgemäße wie auch augenfällige und freundliche Stimmung“ (Auszug aus dem Siegerprotokoll).
Derzeit ist zu beobachten, dass ein professioneller Designprozess zu einer in hohem Maße subjektiven Geschmacksdiskussion unter dem Motto „gefällt mir/gefällt mir nicht“ herabgewürdigt wird. Die in Teilen der Tiroler Medien gängige Praxis, gestalterische Themen wenig sachkundig aufzuarbeiten, trägt das ihre dazu bei, für die Kreativ- und Designszene des Landes wichtige Anliegen oberflächlich und nur grob verkürzt darzustellen.
Dass ein neuer Außenauftritt Geld kostet, ist unbestreitbar. Dass gute Gestaltung Geld kostet ebenso. Die aktuellen großen Ausschreibungen für die Busse haben jedoch ergeben, dass durch das neue Design keine Mehrkosten entstehen. Und selbstverständlich wurde der sorgsame Umgang mit öffentlichen Geldern bereits beim Wettbewerb thematisiert. So heißt es im Briefing einerseits, dass »Bestandsfahrzeuge nicht umlackiert werden. Da der VVT achtsam mit Steuergeldern umgeht, steht dieser enorm große Aufwand bei über 600 Fahrzeugen in keiner Relation zu einem möglichen Nutzen.« – Das neue Design gilt folglich nur für neue Busse. – Und an anderer Stelle heißt es: »Die Fahrzeugdesigns für die unterschiedlichen Anwendungsfälle sind gemäß einem Grundprinzip zu entwickeln, das auf einfache und finanziell vertretbare Weise fahrzeugtypunabhängig umsetzbar ist.« – Diese Vorgabe wurden vom Siegerprojekt eingelöst, anderslautende Einwände in diese Richtung sind falsch.
Design ist, und diesen Umstand zu betonen ist uns wichtig, kein bloß beiläufiger Faktor: Ein neues Fahrzeugdesign wie jenes für den VVT hat eine klar umrissene Aufgabe, es soll die Wahrnehmung des öffentlichen Personennahverkehrs verbessern und modernisieren, um mehr Menschen für dessen Angebote zu gewinnen – was auch vor dem Hintergrund der notwendigen Mobilitätswende wichtig und wie es in vielen anderen Regionen weltweit heute auch ganz selbstverständlich ist. – Um unterschiedliche Möglichkeiten der Fahrzeuggestaltung auszuloten, genau deshalb wurde der Wettbewerb durchgeführt, intensiv von vielen am Prozess Beteiligten diskutiert und in weiterer Folge im Rahmen einer Ausstellung der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Als Vertreter*innen der Kreativschaffenden des Landes wünschen wir uns einen wertschätzenden und professionellen Umgang mit der Arbeit von Designer*innen und die Akzeptanz von professionell begleiteten Juryentscheidungen. Vor allem wünschen wir uns aber auch eine niveauvolle, sachliche, nicht am populistischen Mehrwert orientierte Diskussion abseits subjektiver Empfindungen Einzelner. Und schließlich würde ein durch solche »Argumente« revidiertes Wettbewerbsergebnis dem Ansehen des Kreativstandorts Tirol, der gerade durch ein im Designbereich gut geführtes öffentliches Wettbewerbswesen österreichweit als Vorzeigeprojekt gilt, in den Augen der nationalen und internationalen Designcommunity einen empfindlichen Schaden zufügen.
Nicola Weber, Kurt Höretzeder
WEI SRAUM. Designforum Tirol
Tom Jank
Obmann Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation
Wirtschaftskammer Tirol
Information zum Gestaltungswettbewerb, der 2021/22 stattgefunden hat
Video zum Entwicklungsprozess des VVT-Designs
Visualisierung: Circus Büro für Kommunikation und Gestaltung
Visualisierung: Circus Büro für Kommunikation und Gestaltung
Visualisierung: Circus Büro für Kommunikation und Gestaltung
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