Bauhaus, Zürich, Basel — und einiges daneben

Bauhaus, Zürich, Basel — und einiges daneben

Jost Hochuli (CH)

»Schweizer Grafik« — was ist das eigentlich? Was waren ihre Ursprünge, wer die Hauptdarsteller? Und welche Positionen entwickelten sich »daneben«? — Jost Hochuli, einer der bedeutendsten Buchgestalter der Gegenwart und profunder Kenner der Schweizer (typo)grafischen Szene, findet überraschende Antworten.

Nicht weit von Innsbruck, gleich hinter dem Arlberg und dann etwas links, entstand in den 1950er- und 60er-Jahren eine der einflussreichsten grafischen Strömungen, die es je gab: die sogenannte »Schweizer Grafik«. Ihre Charakteristika: mehr oder weniger »strenge« Gestaltungsraster; serielle Gestaltungsschemata (nicht unwesentlich gefördert durch die Vielsprachigkeit der Schweiz); eine bis auf das Äußerste auf grundlegende grafische Elemente (Linie, Fläche, Farbe, Typografie, Rhythmus) reduzierte, handwerklich stets hochstehende visuelle Grammatik; einige wenige, fast immer serifenlose Schriften (vor allem Helvetica und Univers); und schließlich — auch ganz wesentlich — prägende Gestalterpersönlichkeiten und Bildungseinrichtungen, in denen grundlegend und bald weltweit beachtet über die Potenziale visueller Kommunikation in einer sich immer rascher verändernden Welt nachgedacht wurde. — Das alles zusammen (und noch einiges mehr) ließ die »Schweizer Grafik« zu einem Begriff in der Gestalterwelt werden, auch wenn bei genauer Betrachtung ein »einheitlicher« Stil darin eigentlich gar nicht auszumachen ist. Aber als (ein wenig ideale) Vorstellung ist es wahrscheinlich nicht übertrieben zu sagen, dass erst mit ihr die Moderne unwiderruflich Einzug in die visuelle Kommunikation des 20. Jahrhunderts gehalten hat.  ABER: So einfach ist es dann auch wieder nicht. Da gibt es noch einiges »daneben«, und genau darauf macht Jost Hochuli, unseren Gästen und FreundInnen durch einen der ersten Vorträge bei WEISSRAUM im Jahr 2005 und durch einen Workshop 2010 nicht unbekannt, in seinem Vortrag aufmerksam: Ohne El Lissitzky und das Bauhaus hätte es die »Schweizer Typografie« nicht gegeben. Für sie standen Persönlichkeiten wie Max Bill, Richard Paul Lohse, Hans Neuburg, Carlo Vivarelli, später Josef Müller-Brockann, und die Allgemeine Gewerbeschule Basel mit Emil Ruder und Robert Büchler. Vor allem die damals jungen Grafiker in der Deutschschweiz ließen sich von ihnen beeinflussen. — Doch es gab auch die »Anderen«, Gestalter, die zwar von »Zürich« und »Basel« inspiriert wurden, die sich jedoch jenseits des Mainstreams bewegten. Man neigt dazu, sie zu vergessen, nicht unähnlich dem Umstand, dass die erste bekannte Arbeit, die alle Merkmale der »Swiss Typography« trägt, bereits 1928 in München entstand — gestaltet von Jan Tschichold.

Jost Hochuli, geboren 1933, aufgewachsen und Schule in St.Gallen. Ausbildung zum Gebrauchsgrafiker an der dortigen Schule für Gestaltung. Setzerlehre in der Offizin Zollikofer & Co. AG in St.Gallen und an der Schule für Gestaltung Zürich. Seit 1959 eigenes Atelier mit Schwerpunkt Industriegrafik, Schrift- und Buchgestaltung in St.Gallen. Daneben publizistische Tätigkeit und im Nebenamt Lehrer für Schriftschreiben und -zeichnen sowie Typografie an den Schulen für Gestaltung in Zürich und St.Gallen. 1979 Mitgründer und während 25 Jahren Präsident der Genossenschaft VGS-Verlagsgemeinschaft St.Gallen. Ausstellungen, Workshops und Vorträge im In- und Ausland. Zahlreiche prämierte Bücher an den Wettbewerben »Schönste Bücher der Schweiz« und »Schönste Bücher aus aller Welt«. Gutenbergpreis der Stadt Leipzig, Jan-Tschichold-Preis.

Publikationen (Auswahl)

  • Jost Hochuli, Das Detail in der Tyografie. Sulgen, Zürich, Niggli 2, 2005; (in 8 weiteren Sprachen erhältlich)
  • Jost Hochuli, Bücher machen. Zusammen mit Robin Kinross. St.Gallen, VGS 1996; (auch englisch erhältlich: Designing books. London: Hyphen Press 3, 2006)
  • Jost Hochuli, Drucksachen, vor allem Bücher | Printed matter, mainly books, Sulgen, Zürich, Niggli, 2002

Weiterführende Links
www.abclitera.com
www.vgs-sg.ch

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